„Alles da, was Rang und Namen hat“
20.10.2008, Esslinger Zeitung
ES-PLIENSAUVORSTADT: Trio Maschek zeigt in der Dieselstraße eine tolle Mischung aus Videokunst, Kabarett und Politsatire
Von Gaby Weiß
Auf der dunklen Bühne steht eine große Leinwand, drei Herren sitzen mit Stuhl, Sofa und Lampe gemütlich am Rand und gucken fern. So weit, so normal – wenn die drei nicht anfangen würden, drüber zu reden über das, was da zu sehen ist: „Maschek redet drüber“ heißt die neue Show des österreichischen Kult-Kabarett-Trios. Was die drei live und synchron zu den Fernsehbildern servieren, sind skurrile Geschichten und schwarzhumorige Kabinettstückchen. Diese vortreffliche Mischung aus Videokunst, Kabarett und Politsatire brachte die Alpen zum Glühen beim „Alpenglühen“-Festival in der Dieselstraße.
Satirische Website gegründet
Maschek, das sind Peter Hörmanseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel, die sich beim Studium an der Universität Wien kennengelernt haben und 1996 eine satirische Website gründeten. Als sie eines Abends beisammen saßen, um die Ansprache Thomas Klestils zum Nationalfeiertag zu sehen und plötzlich der Ton ausfiel, soll Robert Stachel die Rede aus dem Stegreif synchronisiert haben. „Fernsehen remixed“ sozusagen, und damit war die Idee zur Video-Live-Synchronisation geboren, die das Trio 1999 zum ersten Mal auf der Bühne präsentierte. Seit sie in der ORF-Fernsehsendung „Dorfers Donnerstalk“ monatlich aktuelle Fernsehbilder live synchronisieren, sind sie in Österreich Kult. „Maschek redet drüber“ heißt ihre Devise, wenn sie eigens zusammenmontierte Fernsehbeiträge neu vertonen. Und damit man auch außerhalb der Alpenrepublik künftig über Maschek redet, haben sie ihr Programm nun über Austria-Spezifisches hinaus auf internationalen Zuschnitt gebracht und um weltpolitische Größen wie George W. Busch, Kanzlerin Merkel und den Dalai Lama erweitert.
Dass die drei von „lustigen Zufälligkeiten“ sprechen, die sich da in den selbstgeschneiderten Wort-Bild-Kombinationen ergeben, ist maschek-mäßig untertrieben: Denn sie geben den Videoausschnitten eine komplett neue Handlung und einen anderen Dreh, der Altbekanntes in knackige Satire verwandelt. Respekt haben sie vor nichts, selbst beim Papstbesuch wird kommentiert: „Stehpult, zwei Fahnen, Gebüsch – alles da, was Rang und Namen hat.“ Angela Merkel sucht bei einer „Pimp-my-husband“-Agentur einen neuen Ehemann, weil der jetzige ja doch lieber „mit seinem Chemiebaukasten auf seiner Datsche“ werkelt, als mit der Kanzlerin „so Staatsbesuchszeugs“ zu machen. Fidel Castro wird nach einem Sturz abgeschrieben, taucht jedoch – Totgesagte leben länger – gleich drauf „quietschfidel“ wieder auf.
Was die Prominenz auf und neben dem roten Teppich so denkt, das synchronisieren die drei akkurat, treffsicher und bis ins kleinste Detail der Ehms und Ähs. Ob der professionelle Tonfall eines BBC-Moderators, das salbungsvolle Reden des Papstes, eine krächzende Altfrauenstimme oder das piepsige Jungmädchensolo – Maschek haben’s drauf. Genau wie Geräusche aller Art, ein komplettes Blasorchester und einen Kinderchor. Das Verblüffendste daran ist: Die drei können sogar lippensynchron improvisieren, und so kommen Maschek weder an der Finanzkrise noch an Reich-Ranickis tagesaktueller TV-Kritik vorbei.
Leiser Zweifel bleibt
Sie sind knitz und rotzfrech, wenn sie „put, put, Putin“ rappen. Sie sind entlarvend, wenn sie Peter Sloterdijks „Philosophisches Quartett” fachsimpeln lassen: „Wir leben in einem Europa der Wurst.” Und sie sind hochpolitisch, wenn sie die „Schwallbacken-Mentalität“ der Mandatsträger und ihre sinnfreien Gedankengänge geißeln. Und je abgedrehter die neu vertonten TV-Schnipsel sind, je hanebüchener und absurder die nachsynchronisierten Geschichten sind, je größer die Sprechblasen werden, die sie aufpusten, um sie dann mit großer Freude und lautem Knall platzen zu lassen – ein leiser Zweifel bleibt dem Zuschauer: Wie oft lässt man sich als TV-Gucker denn tatsächlich ein X für ein U vormachen?
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